Im letzten Jahr habe ich mit meiner Familie Urlaub an der Nordsee gemacht: aus Stuttgart kommend, Zwischenstopp im Ruhrpott, dann weiter zur Nordsee. In Norden angekommen ist mir dann etwas aufgefallen, was ich seit Jahren nicht mehr gesehen hatte: der ganze Kühlergrill und die Windschutzscheibe war übersät von toten Insekten. Und erst in diesem Moment fiel mir auf: Stimmt, so war das früher. Und irgendwie immer und überall.
Ich fahre – leider – jeden Wochentag mit dem Auto. Und trotzdem habe ich – trotz über 100 km/h auf der A8 und A81 – seit Jahren fast keine Insekten mehr auf der Windschutzscheibe. Das hat wohl so graduell abgenommen, dass es mir erst wieder aufgefallen ist, als sie dann auf der Reise durch den Norden der Republik wieder da waren. Eine direkte Folge des Insektensterbens?
Es gibt einige Artikel, die sich diese Frage widmen. Zum Beispiel dieser hier vom BR oder dieser hier bei IFLS (englisch). Dort geht es in der Regel um die Frage, ob die Tatsache, dass es früher mehr tote Insekten auf der Windschutzscheibe gab, wirklich am Insektensterben liegt oder doch eher an den aerodynamischer gewordenen Autos. Ich für meinen Teil kann es für mich beantworten: Alle genannten Strecken bin ich mit dem gleichen Auto gefahren, und auch die Geschwindigkeit kann nicht der Grund sein. Auch auf gelegentlichen Heimatbesuchen ins Ruhrgebiet fahre ich 100-150km/h und erlebe dort nie mehr solche Mengen Insekten wie auf der Strecke vom Ruhrpott durchs tiefe Niedersachsen an die Nordsee.
Ein rein anekdotischer Schluss, der wissenschaftlichen Ansprüchen natürlich nicht genügt: kein gutes Zeichen für den Pestizideinsatz zwischen Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen.
Seit heute bin ich Fördermitglied bei den Grünen. Politisch interessiert war ich schon immer, grün-sozialdemokratisch sozialisiert auch, aber Parteienpolitik hat mich bislang eher abgestoßen.
Meinem Gefühl nach ist so langsam die Zeit, das zu ändern. Es gibt so viele politische Einflussmöglichkeiten und sowohl auf nationaler, als auch internationaler Ebene war ich in den letzten Jahren mittlerweile oft genug entsetzt, wie diese genutzt (oder auch genau nicht genutzt) wurden. Auch wenn es Deutschland insgesamt gut geht, so ist doch in den letzten Jahren und Jahrzehnten unter (im Wechsel) schwarz-roter Führung so einiges verpasst, vergeigt, oder ignoriert worden. Bei vielen dieser Dinge lässt sich für mich relativ gut identifizieren, dass die Grünen vor Jahren schon auf die Ideen gekommen sind, die sich jetzt langsam auch im gesellschaftlichen Konsens als die richtigen rausstellen.
Die CDU hat mit der obigen Werbung erst vor wenigen Tagen auf twitter dafür selbst ein tolles Beispiel geliefert. Dort feiert man sich dafür ab, dass man selbst es gewesen sei, die den Atomausstieg erst haben wirklich werden lassen. Technisch mag das der Wahrheit entsprechen, ist aber auf niederträchtige Art und Weise irreführend: der Atomausstieg war von rot-grün bereits beschlossen worden, von der CDU wieder zurückgenommen worden und dann musste erst Fukushima passieren, damit die CDU zurückrudert und ihren Widerstand aufgibt … viel zu spät und mit katastrophalen Kosten. Die Grünen hatten den Ausstieg zu dem Zeitpunkt schon seit Jahrzehnten gefordert. Auf viele andere gesellschaftliche, und vor allem umweltpolitische und verkehrspolitische Fragen trifft das genauso zu.
Ich möchte die Partei unterstützen, die selber auf die guten Ideen kommt. Nicht eine Partei, die sie über Jahrzehnte verpennt oder aktiv verhindert und es zu ihren Erfolgen zählt, den Widerstand dagegen irgendwann aufzugeben, wenn es (fast?) schon zu spät ist.
Mit der herannahenden Klimakatastrophe, der größer werdenden Schere zwischen arm und reich, und und und … gibt es in den nächsten Jahrzehnten genug Herausforderungen, zu denen – so glaube ich – vielfach die Grünen gute Antworten haben. Dafür bin auch ich bereit, in Kauf zu nehmen, dass in der Partei ein Boris Palmer rumwütet und die Grünen sich bisweilen in Homöopathie und Esoterik verrennen. Eine Partei mit 100% Deckung gibt es wohl nicht.
Auf der Rückreise aus Japan hatte ich einen längeren Zwischenstopp am Flughafen von Dubai. Der sechsstündige Aufenthalt mit Halt an den bekanntesten Attraktionen lässt mich fassungslos zurück.
Der Eindruck an Übermaß und Größe übertrifft den aus New York noch um die Beliebigkeit und offenbar grenzenlosen Einsatz und Verfügbarkeit von Ressourcen. Burj Khalifa ist da nur der Fliegenschiss obendrauf, der der ganzen Absurdität allerhöchstens noch die Krone aufsetzt.
Ich muss mich in den nächsten Tagen eingehender mit Dubai beschäftigen, um die wichtigsten Fragen zu klären: Wie? Wer? Wo? Und warum?
Die Menge an Gebäuden und Hotels ist absurd, wenn man bedenkt, dass dies eine aus Erdöl gestampfte Stadt in der Wüste ist. Die Menge an Wasser ist absurd, die täglich verbraten wird, um sie zu begrünen. Wer zieht hier hin und wer macht das Publikum aus, das allein die eine Straße am Leben hält, an der sich auf ca. 2 km nur Schönheitschirurg:innen, europäische Zahnmediziner:innen und Beauty Salons für Hunde aneinander reihen?
Kann man der Lufthansa einen Flug schenken? Einen bezahlten Flug nicht antreten? Nein.
Angenommen, ich buche einen Flug von München nach Tokio. Angenommen, ein Direktflug ist nicht zu haben, sondern es ist ein Zwischenstopp über Frankfurt nötig. Angenommen, ich buche also die Flüge „München − Frankfurt“ und „Frankfurt − Tokio“ als Paket. Angenommen, nun stellt sich einige Tage vor dem Flug heraus, dass ich durch andere Termine bereits am Vortag des Fluges in Frankfurt bin und den Flug von München nach Frankfurt nicht wahrnehmen muss. „Kein Problem“ denke ich mir in dieser hypothetischen Situation. Aber weit gefehlt!
Mit einerseits der Freude darüber, wie sich der Termin in Frankfurt und der Flug nach Tokio ergänzen und mit andererseits der Furcht vor einer schlechten CO₂-Bilanz begebe ich mich in dieser Fabel ans Telefon, um die Lufthansa darüber zu informieren, dass sie meinen Sitzplatz für den Flug von München nach Frankfurt nun ein zweites Mal verkaufen darf.
Vorsicht, Lufthansa!
Teilt man diese frohe Kunde dem freundlichen Personal beim Lufthansa-Kundenservice mit, erlebt man eine Überraschung: „Das ist leider nicht möglich, Herr **“.* Verdutzt versucht man zu erklären, dass man nicht einmal das Geld zurückverlangen will, sondern man lediglich über den jetzt frei gewordenen Platz informieren wollte − vergeblich. Man erfährt aber überrascht, dass man den Flug antreten muss, da man sich sonst nicht nur den Anschlussflug von Frankfurt nach Tokyo, sondern auch eventuelle Rückfluge bequem aus dem Kalender streichen darf, da man entweder alle Flüge antritt, oder gar keinen. Wirklich! Selbst mit Händen und Füßen (und das per Telefon) lässt sich nichts erreichen. Lediglich ein mitleidiges „Ich hab es mittlerweile auch d´rangegeben, dass hier alles Sinn macht.“ lässt sich der freundlichen Dame am Telefon entlocken.
Noch einmal zum Mitschreiben: Möchte ich bei der Lufhansa auf einen Flug aus einer Reihe von Flügen verzichten, kann ich das nicht. Tue ich dies, verfallen sämtliche Flüge der Buchung. Konkret heißt das:
In dem einführenden Beispiel − das so stattgefunden hat − lassen sich nur beide Termine (der in Frankfurt und der Flug nach Tokyo) wahrnehmen, wenn man in der Nacht vor dem Flug einen zusätzlichen Flug oder eine andere Reisemöglichkeit von Frankfurt nach München bucht, um direkt im Anschluss den Flug von München zurück nach Frankfurt wahrnehmen zu können. Einfach aberwitzig!
Ein anderes denkbares − und auch so bereits tatsächlich dagewesenes − Szenario kann folgendes sein: Man bucht einen sündhaften teuren Urlaub mit Hin- und Rückflug. Aufgrund hier nicht relevanter Umstände verpasst man den Hinflug. Um den Urlaub trotzdem machen zu können, bucht man sich einen Ersatz für den Hinflug, nur um am Ende des Urlaubs feststellen zu müssen, dass man den Rückflug nicht antreten darf, da man den Hinflug nicht angetreten hat.
Klingt absurd, ist aber so. Beides ist so geschehen.
Forscht man ein wenig nach, stößt man darauf, dass es sich hier keineswegs um den alltäglichen Wahnsinn, undurchdringbare Bürokratie oder mangelnde Kompetenz des Kundenservice handelt. Es ist auch nicht irgendwelchen wirren Terrorismusvorbeugemaßnahmen geschuldet − sondern hat System. Die Lufthansa macht auf diese Art und Weise Preispolitik. Durch die Kopplung von Flügen lassen sich recht bequem Passagierströme lenken und die Auslastung von Flügen und Flughäfen steuern. So kann es durchaus vorkommen, dass ein Flugpaket „A nach B nach C“ mitunter deutlich günstiger ist als der Einzelflug „B nach C“. Passagiere könnten nun auf die Idee kommen, das günstigere Flugpaket „A nach B nach C“ zu buchen, obwohl sie nur von B nach C wollen.
Die Sache wird noch absurder. Mitunter kann es sogar soweit kommen, dass das Flugpaket „A nach B und zurück zu A“ weniger als die Hälfte kostet als das Flugpaket „B nach A und zurück zu B“ (dazu kann es z. B. kommen, wenn ein beliebtes Wochenendziel und entspreche Flugtermine betroffen sind). Ein findiger Passagier könnte nun auf die Idee kommen, zweimal das Flugpaket A→B→A zu buchen, aber nur jeweils einen der Flüge anzutreten, um damit trotzdem gegenüber dem Flugpaket B→A→B zu sparen. Auch das wird allerdings durch die Tatsache verhindert, dass bei der Lufthansa Flugscheine ihre Gültigkeit verlieren, „wenn […] nicht alle Flugcoupons vollständig und in der im Flugschein vorgesehenen Reihenfolge“genutzt werden. [1]
Wer hier eine Verletzung von Verbraucherinteressen wittert, liegt gegebenenfalls nicht ganz verkehrt. Der Sache hat sich bereits das Landgericht Frankfurt [2] und das Landgericht Köln [3]angenommen. Beide sprechen den Fluggästen mehr Rechte in der Sache zu und erklären den entsprechenenden Passus der AGBs bzw. deren Inhalt für nicht rechtmäßig. Sie erklären, den Beklagten ginge es darum, „Kunden für ihr Verhalten beim Vertragsschluss mit dem Verlust ihrer Rechte [zu] bestrafen, wenn sie ein preiswertes Angebot wahrgenommen haben, mit dem nicht sie, sondern andere Kunden angelockt werden sollten“ um „das hohe Preisniveau in einzelnen Marktsegmenten zu erhalten“.[2]_ Und obwohl bereits 2005 das Amtsgericht Köln ähnlich gegen die Lufthansa entschieden hatte,[4]_ und obwohl die Lufthansa sich das CO₂-Sparen auf die Fahne schreibt, ist sie nach wie vor nicht dazu zu bewegen, dass man gebuchte Flüge verfallen lassen kann, ohne eklatante Nachteile in Kauf zu nehmen.
Die Entscheidung am Langericht Köln vom Ende November diesen Jahres gegen die Lufthansa ist nach meinem Kenntnisstand zum aktuellen Zeitpunkt (4. Dezember 2008) noch nicht rechtskräftig.
Mit Dank an T.G. für Idee und Hilfe bei der Recherche.
Nachtrag: 4. August 2009: Das Oberlandesgericht Köln hat zugunsten der Lufthansa und zugunsten der Tarifpraxis entschieden. Die Lufthansa darf demnach zunächst weiter ihren Kunden das Cross Ticketing verbieten. Die Revision ist zugelassen, die Verbraucherzentralen können also in eine weitere Runde gehen. Via lawblog.