Wie Journalismus heute funktioniert. 17 Behauptungen.
Stefan Niggemeier hat zusammen mit 14 seiner Kolleg:innen ein „Internet-Manifest“ mit 17 Behauptungen zum Internet geschrieben. Nachzulesen unter http://internet-manifest.de/.
Vorweg: Hier handelt es sich weniger um ein Internet-Manifest, als mehr um ein Manifest zum Online-Journalismus. Zugegebenermaßen nicht untrennbar. Und sicherlich der Tatsache geschuldet, dass die Autor:innen aus eben jenem Umfeld (Journalist:innen, Blogger:innen) zu stammen scheinen (ich kenne nicht alle).
Eine tolle Sammlung von Behauptungen, die mir in Teilen aus der Seele sprechen. Nichtsdestotrotz halte ich die Behauptungen für in weiten Teilen sehr optimistisch. Das beginnt bei Punkt 3 („Für die Mehrheit der Menschen in der westlichen Welt gehören Angebote wie Social Networks, Wikipedia oder Youtube zum Alltag. […]“), der meines Erachtens nach sowohl sehr optimistisch als auch durch eine intellektuelle Umgebung der Verfasser:innen gefärbt sein dürfte. Ich will mir da selbst keine Einschätzung zumaßen, will aber die Vermutung anstellen, dass dieser Punkt an einigen Bildungsschichten vorbeiläuft.
Punkt 4 („Die offene Architektur des Internet […] darf nicht zum Schutz der wirtschaftlichen oder politischen Einzelinteressen verändert werden […]“) und Punkt 10 („Das Privileg der Pressefreiheit [muss] für jeden gelten, der zur Erfüllung der journalistischen Aufgaben beitragen kann.“) liegen mir persönlich sehr am Herzen. Punkt 4 ist durch aktuelle Diskussionen aktueller und bedrohter denn je. Würden mehr Menschen, vor allem diejenigen in politischen Ämtern, diesen Punkt besser verstehen, ließe sich sehr viel optimistischer auf das übrige Manifest blicken.
Punkt 10 beschäftigt mich auch schon seit längerer Zeit. Akut immer wieder, wenn der Unterschied sichtbar wird zwischen der Berichterstattung bei a) Beschneidung von Bürgerrechten allgemein oder b) Diskussionen zur Einschränkung der Pressefreiheit. Der Unterschied ist eklatant und bewegt sich bisweilen zwischen Randmeldungen und kleinen Artikelchen in ersterem Fall und einem Sturm der Entrüstung in letzgenanntem Fall. Die Pressefreiheit ist ein eminenter Punkt, aber darf nicht dazu führen, dass die Grundrechte eines Berufsstandes derart erhaben über allgemeine Grundrechte beschützt werden.
Punkt 11 („Mehr ist mehr – es gibt kein Zuviel an Information.“) sollte man verbreiten, wo man nur kann. Das Internet bietet mit seinen zahlreichen Werkzeugen und Filtermechanismen die Möglichkeit, schier endlose Information beherrschbar zu machen. Nichtsdestotrotz begegnet man an so vielen Stellen noch der (wahrscheinlich in vielen Fällen auch unbewussten) Schranke, Informationen offenzulegen. Dabei ist es so einfach und kann so befriedigend sein, sein Wissen und seine Informationen weiterzugeben und zu beobachten, wie sie weiterverwendet und weiterentwickelt werden. Ein prominentes Beispiel aus der Welt des Internets: Wikipedia.
Über Punkt 13 („Im Internet wird das Urheberrecht zur Bürgerpflicht.“) – und damit auch über Punkt 14 – wird in der kommenden Zeit viel zu diskutieren sein. Die Piratenpartei wird dazu ihren Beitrag leisten müssen.
Und schlussendlich Punkt 17 („Die “Generation Wikipedia” weiß im Zweifel die Glaubwürdigkeit einer Quelle abzuschätzen, Nachrichten bis zu ihrem Ursprung zu verfolgen und zu recherchieren, zu überprüfen und zu gewichten […]“) ist ein Punkt, den ich seit einiger Zeit propagiere. Dabei bin ich mir allerdings nicht so recht sicher, ob das nicht bereits Optimismus auf dem Weg zum Wahnsinn ist. Ich hoffe sehr, dass es sich so entwickelt. Weg von der Kenntnis von Informationen, hin zur Beherrschung von Informationen, also der Fähigkeit, Informationen filtern, sortieren und strukturieren zu können.
Via Stefan Niggemeier. Der Text des Internet-Manifests steht übrigens passenderweise unter einer Creative-Commons-Lizenz und darf damit weiterverwendet, verändert und verbreitet werden.